Die Gewerkschaft ver.di hat für den 29.09.20 zum Warnstreik im ÖPNV aufgerufen. Diesem stehen wir kritisch gegenüber:
Das Personal im öffentlichen Verkehr (ÖV) ist gerade in Corona-Zeiten großen Herausforderungen und Risiken ausgesetzt. Der ÖV hat bewiesen, dass er auch in dieser schwierigen Zeit z.B. auch die besonders systemrelevanten Arbeitnehmer zu ihren Jobs bringt. Selbstverständlich unterstützen wir daher die berechtigten Forderungen zur Verbesserung der Einkommenssituation des Personals im ÖV, dennoch sollten endlich andere Unterstützungsaktionen gesucht werden als der „gute alte Streik“!
Wer
in ÖPNV-Nutzerkreisen herumfragt, wird kaum Verständnis für Streiks finden, es
entsteht eher Frust auf das Fahrpersonal, der sich dann dort entlädt. Dabei ist
ein gutes Fahrer-Fahrgast-Verhältnis elementar wichtig für zufriedenes Arbeiten
im ÖV.
Der
Streik trifft die Falschen: Es trifft auch gerade die, die in gewerkschaftsfernen
Branchen prekär arbeiten und auf Bahn und Bus angewiesen sind. Bei der Frage,
wie frau/man denn im Falle eines Streiks zur Arbeit kommen soll, wird die
Antwort schwierig.
Streiks sind gerade in der aktuellen Lage ein Anachronismus, der die Ziele der Verkehrswende untergräbt und die langsame Erholung vom Lock-down wieder zurückwirft. Auch trifft ein Streik die öffentlichen Verkehrsunternehmen selbst nicht so sehr, wie angenommen: Der stillstehende Fahrzeugpark verbraucht keinen Treibstoff und das Personal wird über die Streikkasse bezahlt.
Wir
alle werben mit guten Argumenten dafür, auf den ÖPNV umzusteigen, auch – und
besonders – in Corona-Zeiten. Wer eine echte Verkehrswende will, muss dafür
sorgen, dass Bahnen und Busse zuverlässig fahren. Der ÖV muss als Teil der
kritischen/systemrelevanten Infrastruktur wertgeschätzt werden. Ziel muss sein,
den gesamten ÖV auch gesetzlich als Daseinsvorsorge zu verankern, das gilt
bislang nur für den Schülerverkehr.
Dieses
Leitbild sollten die Gewerkschaften im Schulterschluss mit den angesprochenen
Initiativen in das Bewusstsein der Gesellschaft bringen, dann wird auch
(politisch) so gewählt, dass es voran geht mit Bahn und Bus; von allein geht
man dann respektabler mit dem Personal um, hoffentlich.